Dienstag, 14. August 2012

iShort Apple

Apple ist ein wundervolles Unternehmen - Jahr für Jahr präsentieren sie ein neues technisches Wunderding, welches die gesamte industrialisierte Welt in den Händen halten will. Klar, dass sich diese Entwicklung auch an der Börse gezeigt hat.

Einige Facts:
  • Seit dem 1. Januar 2000 betrug die Kurssteigerung über 2'200 % - seit dem 1. Januar 1995 sogar über 6'000 %.
  • Der Umsatz hat sich allein in der Periode 2009 - 2011 von 43 Mia USD auf 108 Mia USD erhöht - dies entspricht einem prozentualen Zuwachs von über 150 %.
  • Der Gewinn hat sich in derselben Periode von 8 Mia USD auf 26 Mia USD mehr als verdreifacht.

Ohne Zweifel handelt es sich hierbei um ein exzellentes Unternehmen. Aber ist es zu rechtfertigen, dass Apple gemessen an der Marktkapitalisierung mit aktuell ca. 580 Mia USD über doppelt so hoch bewertet ist wie beispielsweise Microsoft (aktuell ca. 255 Mia USD) oder mehr als drei Mal so hoch wie Samsung (aktuell ca. 175 Mia USD)? Dieser Frage gehen wir in den nachfolgenden Zeilen auf Basis von fundamentalen Geschäftszahlen etwas näher nach.

Vergleich mit dem Hauptkonkurrenten Samsung
Samsung erwirtschaftete im Jahre 2011 umgerechnet 143 Mia USD Umsatz und einen Gewinn von 12 Mia USD. Verglichen mit Apple erkennt man, dass Samsung's Umsatz zwar höher, jedoch der Gewinn tiefer ausfiel. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Samsung im Gegensatz zu Apple noch stark im unprofitablen LCD und Digital Media Geschäft vertreten ist. Diese beiden Sparten tragen stark zum Umsatz (54 %), jedoch nur schwach zum Gewinn (4 %) bei.

Ebenfalls fällt auf, dass während Apple's Umsatz in den letzten drei Jahren um über 150 % gewachsen ist, derjenige von Samsung mit 21 % eher moderat angestiegen ist. Die Ertragssituation kann demnach wie folgt zusammengefasst werden: Während Apple in den letzten Jahren ein sehr starkes Wachstum gezeigt hat, sind Samsung's Ertragszahlen eher dezent gewachsen.

Analysieren wir die Substanz der beiden Unternehmen im Groben: Die Bilanzsumme von Samsung ist mit umgerechnet 135 Mia USD um 19 Mia USD höher als diejenige von Apple (116 Mia USD). Das Eigenkapital, also die Substanz, von Samsung ist mit 88 Mia USD ebenfalls leicht grösser als Apple's 77 Mia USD. Heruntergerechnet auf eine Aktie beträgt der Substanzwert pro Aktie bei Apple im 2011 ca. 77 USD, derjenige von Samsung ca. 589 USD.

Dieser Substanzwert pro Aktie alleine sagt jedoch noch nicht viel aus. Denn während bei Apple über 900 Mio Aktien im Umlauf sind, sind es bei Samsung nur knapp 150 Mio. Vergleicht man nun die Substanzwerte pro Aktie mit dem an der Börse gehandelten Kurs, ergeben sich interessante Abweichungen. Während Apple an der Börse mit einem Zuschlag von über 700 % (Börsenkurs aktuell 630 USD) gehandelt wird, beträgt dieser bei Samsung lediglich etwas über 100 % (Börsenkurs aktuell 1'200 USD).

In anderen Worten sind die Börsianer bei Apple bereit das Achtfache der eigentlichen Substanz zu bezahlen - bei Samsung nur das Doppelte. Dieser Zuschlag kann vereinfacht als Zuschlag für die zukünftig zu erwartenden Gewinne betrachtet werden, je höher dieser Wert, desto lukrativer schätzen Investoren die zukünftige Gewinnsituation des Unternehmens ein. Interessant ist hierbei vor allem die grosse Abweichung der beiden Unternehmen, die grundsätzlich in einem sehr ähnlichem Markt tätig sind. Da sich Apple jedoch noch stark im Wachstum befindet (siehe Ertragszahlen weiter oben), lassen sich diese beiden Unternehmen nicht verlässlich vergleichen - Apple befindet sich gewissermassen noch in der "Start-Up-Phase" während Samsung in Bezug auf Umsatz und Gewinn schon mehr oder weniger stabilisiert ist. Bei solch stabilisierten Unternehmen ist dieser Zuschlag zum Substanzwert erfahrungsgemäss geringer.

Wir benötigen also als Vergleichswert, ein Unternehmen, welches ebenfalls ein starkes Wachstum hinter sich hat, um diese Zuschläge realitätsnah vergleichen zu können. Als möglichst aktuelles Beispiel hierzu eignet sich Google Inc. hervorragend.

Google vs. Apple
Google's Umsatz betrug im Jahre 2001 lächerliche 86 Mio USD - 10 Jahre später im 2011 37.9 Mia USD, was einem durchschnittlichem jährlichem Zuwachs von 83 % entspricht. Die an der Börse bezahlten prozentualen Zuschläge lassen sich jedoch erst ab dem Jahre 2004 analysieren, da Google in diesem Jahr an die Börse ging. Nachfolgend eine Auflistung dieser Zuschläge der Jahre 2004 - 2011:

2004: 1'186 %
2005: 1'115 %
2006:    713 %
2007:    845 %
2008:    234 %
2009:    444 %
2010:    307 %
2011:    258 %

Es ist gut ersichtlich, dass sich die an der Börse gehandelten Zuschläge im Verlaufe der Jahre etwas beruhigen. Dies hat einerseits damit zu tun, dass die Gewinne in dieser hektischen Wachstumsphase meist im Unternehmen behalten werden und somit den Substanzwert stärken. Andererseits beginnt sich der börsentechnische Höhenflug ab einem gewissen Punkt zu verlangsamen oder gar ins Gegenteil umzukehren.

Bei Google kam dieser Kurszerfall Ende 2007, Anfangs 2008. Ohne Zweifel hatte der damalige Kursrutsch viel mit der desaströsen wirtschaftlichen Situation in dieser Zeit zu tun - doch während der Dow Jones im Jahre 2008 "nur" etwas über 30 % gesunken war, waren es bei Google über 50 %.

Bei Apple mehren sich die Zeichen, dass wir uns an einem ähnlichem Punkt befinden könnten. Die Aktie hat ihren Höhenflug unterbrochen, der Hauptkonkurrent Samsung holt immer mehr auf und die Ertragszahlen scheinen dieses Jahr nochmals hervorragend zu sein - werden sich jedoch vermutlich im 2013 zu stabilisieren beginnen. Zusätzlich könnte sich charttechnisch eine bedrohliche Doppeltop-Formation abbilden. Die nächsten Tage werden zeigen, ob die charttechnisch wichtige Marke bei 640 USD geknackt werden kann, oder ob man bei diesem erfolgsverwöhnten Unternehmen nicht auch mal short spekulieren sollte...